Der Fachblog für CE-Kennzeichnung

Performance Level einer Sicherheitsfunktion: So wird der erforderliche Performance Level (PLr) ermittelt

Erstellt von Hanna Schubert am 29.02.24 11:01

Not-Halt-Taster, Lichtschranken oder Trittschutzmatten: Sie alle sind Schutzmaßnahmen, mit denen Bewegungen einer Maschine sicher stillgesetzt werden können – und damit gehören sie zur sogenannten funktionalen Sicherheit. Funktionale Sicherheit und die Sicherheitsfunktionen, die sie herstellen, sind Teil der Risikobeurteilung.

Im Prozess der Risikobeurteilung werden die potenziellen Gefahren analysiert, die von einer Maschine oder einem System ausgehen können, ihre Eintrittswahrscheinlichkeit und mögliche Auswirkungen bewertet. Diese Beurteilung führt zur Identifizierung von Sicherheitsfunktionen, die implementiert werden müssen, um die erkannten Risiken so weit wie möglich zu minimieren. Für die Sicherheitsfunktion wird der Performance Level required (PLr), der erforderliche Performance Level, ermittelt.

Die Norm DIN EN ISO 13849-1 stellt Sicherheitsanforderungen und einen Leitfaden für die Prinzipien der Gestaltung und Integration sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen bereit. Sie definiert den Performance Level als „diskreter Level, der die Fähigkeit von sicherheitsbezogenen Teilen einer Steuerung spezifiziert, eine Sicherheitsfunktion unter vorhersehbaren Bedingungen auszuführen.“ Der Performance Level ist damit ein Indikator für die Güte und Zuverlässigkeit einer Sicherheitsfunktion wie einer Schutztür: Je höher der Performance Level, desto sicherer ist die Funktion. Er wird auf einer Skala von a bis e (von niedrig zu hohem PL) angegeben. Bei einem hohen Risiko wie möglicher Todesfolge muss die Sicherheitsfunktion einem entsprechend hohen Standard entsprechen.

Ist der erforderliche Performance Level (PLr) ermittelt, wird die Sicherheitsfunktion konstruiert. Danach wird sie rechnerisch validiert und damit der erreichte Performance Level bestimmt und ihre Funktionalität bestätigt. Der erreichte Performance Level muss mindestens dem erforderlichen Performance Level (PLr) entsprechen.

Der erforderliche Performance Level (PLr)

Der sogenannte Risikograph gibt den Pfad vor, der zum PLr führt, also dem Performance Level, das die betroffene Funktion mindestens erreichen muss. Drei Faktoren werden berücksichtigt, um das jeweilige Risiko zu ermitteln: die Schwere der möglichen Verletzungen, die Häufigkeit und Aufenthaltsdauer - also wie oft und wie lang sich Menschen im Gefährdungsbereich aufhalten - und wie sich die Möglichkeit zur Vermeidung der Gefährdung darstellt – also zum Beispiel, ob ein Mitarbeitender ein Sicherheitsproblem im Voraus erkennen kann und genug Platz hat, auszuweichen oder ob er an der Maschine in einer Engstelle gefangen ist.

Performance Level required (PLr): die Schwere der Verletzungen

Im ersten Schritt bei der Ermittlung des erforderlichen Performance Levels wird die Schwere der möglichen Verletzungen beim Ausfall einer Sicherheitsfunktion näherungsweise geschätzt - dabei sind nur zwei Kategorien, leichte, das heißt reversible (S1) und schwere Verletzungen (S2) bzw. Tod vorgesehen. Es muss also klar sein, ob das Risiko besteht, sich eine Fleischwunde zuzufügen, sich Körperteile zu amputieren oder sogar zu Tode zu kommen. Unternehmen tun sich oft schwer, eine Kategorie zu wählen. Hier hilft es, die üblichen Auswirkungen der Unfälle und den normalen Heilungsprozess in Betracht zu ziehen. Quetschungen und/oder Fleischwunden ohne Komplikationen würden als S1 klassifiziert, eine Amputation oder Tod als S2.

Performance Level required: Häufigkeit und Dauer der Gefährdungsexposition

Für die Angabe der Häufigkeit und Dauer der Gefährdungsexposition gelten die Kategorien "selten bis öfter" (F1) und "häufig bis dauernd" (F2). Auch mit dieser Einordnung tun sich manche Betriebe schwer; es gibt keine allgemeingültigen Angaben. Hilfestellungen sind in der Norm EN 13849-1 und ihrem Anhang A2.2 zu finden, die Pneumatik und Hydraulik mitberücksichtigt: F1 ist zum Beispiel vorgesehen, "wenn die gesamte Expositionsdauer 1/20 der gesamten Betriebsdauer nicht überschreitet und die Häufigkeit nicht höher als einmal je 15 Minuten ist.“ Auch ist es unerheblich, ob dieselbe oder verschiedene Personen der Gefährdung ausgesetzt werden. 

Erforderliches Performance Level: die Möglichkeit zur Vermeidung der Gefährdung bzw. Eintrittswahrscheinlichkeit

Dieser Parameter bei der Ermittlung des erforderlichen Performance Levels kombiniert die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gefährdungsereignis eintritt mit der Wahrscheinlichkeit, dass die Gefährdung vermieden werden kann. Die Kategorien sind "kaum möglich" (P1) und "möglich unter bestimmten Bedingungen" (P2). Die erste Kategorie sollte dann gewählt werden, wenn im Falle einer Gefährdungssituation eine realistische Chance besteht, dass eine Gefährdung vermieden oder dass ihre Auswirkung deutlich verringert wird. Ist das nicht der Fall, sollte P2 gewählt werden. 

Risikobeurteilung und Performance Level ermitteln: CE-CON unterstützt

Insgesamt gilt: Die Normen geben Spielraum und am Ende entscheidet der Konstrukteur über die Einstufung. Das ist nicht immer eine einfache Aufgabe.

CE-CON unterstützt hier ganzheitlich - wir erstellen zum Beispiel Sicherheitskonzepte mit der Auswahl der geeigneten Schutzfunktionen, wir beraten bei der Auswahl der notwendigen Bauteile oder bei der Erstellung von Schaltplänen für Steuerungskomponenten und Sicherheitsfunktionen. Von der Einstufung des Performance Level required bis zu seiner Validierung mit der Software Sistema: Mit uns wird Maschinensicherheit einfacher. Übrigens: Der erforderliche Performance Level (PLr) kann mit unserer Software CE-CON Safety automatisch bestimmt werden.

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Themen: Arbeitssicherheit, Software SISTEMA, Performance Level Validierung, Software CE-CON Safety, Funktionale Sicherheit, Richtlinien und Normen

Risikobeurteilung ist Teamarbeit – neue Blog-Reihe (1)

Erstellt von Jörg Handwerk am 24.01.23 10:00

Der Hersteller muss eine Risikobeurteilung erstellen – das ist hinlänglich bekannt, nichts Neues und darauf muss auch nicht weiter herumgeritten werden. Unsere neue Blog-Reihe zur Risikobeurteilung und ihren Facetten will deswegen einen anderen Blickwinkel einnehmen: Denn bei näherem Hinsehen erweist sich die Risikobeurteilung nicht so sehr als Last, sondern vielmehr als probates Mittel, das eigene Haftungsrisiko auf ein Minimum zu reduzieren. Vorausgesetzt, man stellt es schlau an. Darum soll es in unserer Beitragsreihe gehen.

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Themen: Gefährdungsbeurteilung, Risikobeurteilung, EG-Konformitätserklärung, Technische Dokumentation, Software CE-CON Safety, Funktionale Sicherheit

Maschinensicherheit: So bestimmst du die passende Schutzeinrichtung

Erstellt von Jörg Handwerk am 04.10.22 10:00

Wie erreicht man Maschinensicherheit? Ein Mix aus jahrelanger Erfahrung der Konstrukteure und Wissen auf dem aktuellen Stand der Technik. Dieser ist in den harmonisierten Normen der EU abgebildet. Der Konstruktion, dem Bau oder Umbau einer Maschine sollte deswegen die sogenannte Normen- und Richtlinienrecherche vorausgehen. Hier finden Konstrukteure konkrete Hinweise zur Auswahl von Schutzeinrichtungen und zu deren Umsetzung. Damit Maschinensicherheit und die Anforderungen der Produktion nicht kollidieren, ist stets die Abstimmung mit den späteren Betreibern der Maschine notwendig.

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Themen: Gefährdungsbeurteilung, Arbeitssicherheit, Risikobeurteilung, Performance Level Validierung, CE-Kennzeichnung, EG-Konformitätserklärung, Maschinenrichtlinie, wesentliche Veränderung, Technische Dokumentation, Funktionale Sicherheit, Richtlinien und Normen

Functional Safety versus Lockout Tagout

Erstellt von Jörg Handwerk am 04.10.22 10:00

Das Verfahren, gefährliche Energien bei wiederkehrenden Tätigkeiten an Maschinen im Griff zu haben - Lockout Tagout (LOTO) - ist mittlerweile weit verbreitet. Jedoch ist die Art und Weise, wie Energien geblockt werden, nicht immer einfach zu beurteilen. Können Sicherheitsfunktionen verwendet werden und wenn ja, für welche Tätigkeiten?

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Themen: Arbeitssicherheit, Risikobeurteilung, Performance Level Validierung, LoTo - Lockout Tagout, Funktionale Sicherheit

Das Beste für Mensch und Maschine - so bestimmen Sie die richtige Schutzeinrichtung

Erstellt von Kevin Olleroch am 24.08.21 10:47

Maschinen müssen dem neuesten Stand der Technik entsprechen, der in harmonisierten Normen der EU abgebildet ist. Konstruktion und Bau geht deswegen eine Normen- und Richtlinienrecherche voraus. Gerade, was die Schutzeinrichtungen betrifft, finden Konstrukteure in den Normen konkrete Hinweise zu Auswahl und Umsetzung. Wichtig dabei ist eine enge Abstimmung mit dem Kunden, so dass am Ende Maschinensicherheit und die Bedürfnisse der Produktion umgesetzt werden. Denn der erste Schritt beim Bau oder Umbau einer Maschine ist die Richtlinienrecherche. Diese enthalten die allgemeinen Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen, die konkrete Umsetzung wird durch die Normenrecherche geklärt. Normen spiegeln den Stand der Technik wider und unterstützen bei der Auswahl der richtigen Art der Schutzeinrichtung sowie ihrer fachgerechten Installation.

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Themen: Maschinenrichtlinie, Funktionale Sicherheit

Stichwort „Cyber Security“ - Was müssen Maschinenhersteller und -betreiber beachten?

Erstellt von Laura Heissenbüttel am 28.01.21 11:55

Die digitale Transformation betrifft bereits viele Teile unseres Lebens. Auch in der Arbeitswelt ist sie angekommen und stellt die Hersteller und Betreiber von Maschinen vor neue Herausforderungen. Das Stichwort heißt „Cyber Security“. Der Begriff steht für den Schutz der Software von Maschinen und Anlagen, zum Beispiel vor Hackerangriffen aus dem Internet.

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Themen: Arbeitssicherheit, Funktionale Sicherheit, Digitalisierung

Ich sehe was, was du nicht siehst

Erstellt von Jörg Handwerk am 07.07.20 11:33

Pablo schaut durch seine Techno-Brille. Er sieht alles, wie sonst auch, wenn auch wir ihm mit bunten Kreisen und Pfeilen auf Dinge hinweisen, wo er noch einmal genauer hinschauen muss. Es ist heiß in Mexiko. Trotz der hohen Temperaturen ist Pablo gut ausgestattet mit seiner persönlichen Schutzausrüstung. Es ist früher Morgen, als er sich die Brille aufsetzt, mit der wir in Bremen sehen, was er sieht. 

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Themen: Funktionale Sicherheit, Nachhaltigkeit

Retrofits und funktionale Sicherheit von alten Maschinen - Ganzheitlich optimieren und Kosten sparen

Erstellt von Yunus Peker am 26.05.20 12:36

Alte Anlagen umrüsten und modernisieren? Oder neue Maschinen anschaffen? Viele Unternehmen stehen vor dieser Entscheidung. Denn trotz der zunehmenden Digitalisierung ist die Industrie noch geprägt von alten Bestandsanlagen: Allerdings lassen sich mit diesen neue Produktanforderungen und -varianten seitens der Kunden oder der Vorgaben des Betreibers, Prozessoptimierungen mit weniger Stillständen oder andere Stückzahlen, nicht mehr ohne Weiteres umsetzen. Wie die Entscheidung ausfällt, hängt immer vom individuellen Einzelfall ab und muss einer Wirtschaftlichkeitsrechnung zu Grunde legen. Ein Neukauf geht ins Geld, doch auch die Modernisierung des Bestands kann teuer werden: Gerade wenn Unternehmen versuchen, jede Maschine einzeln auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen und mehrere hintereinander aufzurüsten, werden hohe Investitionen in die Maschinensicherheit erforderlich.

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Themen: Funktionale Sicherheit, Retrofit

Lichtvorhänge: Trügerisches Gefühl der Sicherheit

Erstellt von Stefan Kaubitzsch am 03.12.19 09:52

In jedem industriellen Fertigungsbetrieb kommen sie zum Einsatz und die meisten Leute schätzen sie sehr. Zu Recht. Lichtvorhänge und andere optische Schutzeinrichtungen aus der Kategorie der aktiven optoelektronischen Schutzeinrichtungen, kurz AOPD, bieten sehr viele Vorteile. Sie sichern oft zuverlässig die sogenannten Maschinen-Bediener-Schnittstellen ab und garantieren dabei gute Prozesszeiten und eine einfache Handhabung. 

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Themen: Arbeitssicherheit, Funktionale Sicherheit

Die 5 häufigsten Fehler bei der Erstellung von Risikobeurteilungen

Erstellt von Jörg Handwerk am 23.01.18 15:30

In der Praxis begegnen wir immer wieder Risikobeurteilungen, bei denen, sagen wir, Unstimmigkeiten zu Tage treten. Wenn wir sie mit den gelieferten Produkten betrachten, finden wir oft Gefahrenstellen, die nicht berücksichtigt wurden oder es sind Maßnahmen beschrieben, die nicht vorhanden sind. Am Ende ist die Richtigkeit der unterzeichneten EG-Konformitätserklärung in Zweifel zu ziehen. Um das zu vermeiden, zeigen wir Ihnen die fünf häufigsten Mängel auf.

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Themen: Risikobeurteilung, Funktionale Sicherheit

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