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Mit Lockout Tagout (LOTO) die Betriebsmittelsicherheit nachhaltig erhöhen

Erstellt von Jörg Handwerk am 04.10.22 10:00

Die gefährlichsten, manchmal sogar tödlichen Arbeitsunfälle passieren außerhalb des Regelbetriebs einer Maschine, zum Beispiel bei Reinigung oder Wartung – meist, weil Restenergien im System nicht abgeschaltet wurden. Ein Lockout-Tagout-Programm (LOTO) kann hier die Arbeitssicherheit entscheidend erhöhen: Es stellt mit Schlössern sicher, dass alle Energien abgeschaltet und gegen Wiedereinschalten gesichert sind.

Im Maschinenbau gibt es direkte Energietypen wie Elektroenergie, Gas, Hydraulik, Pneumatik und indirekte bzw. sekundäre Energie - etwa, wenn sich ein Schwungrad mit Motorantrieb nach dessen Ausschaltung mit Rotationsenergie weiterdreht, wenn mit Federkraft gespannte Teile Bewegungsenergie halten oder in einem Behälter ein Restdruck herrscht.

Wird die Maschine stillgesetzt, um sie zu reinigen oder zu warten, muss sichergestellt sein, dass all diese Energien ebenfalls abgeschaltet sind, um Arbeitsunfälle zu verhindern. Im Fall der elektrischen Energie sorgen die fünf Sicherheitsregeln aus der VDE 0100 der Elektrotechnik dafür, dass sie keinen Schaden verursacht:

·      freischalten (Spannungsversorgung ausschalten)

·      gegen Wiedereinschalten sichern

·      Spannungsfreiheit feststellen

·      erden und kurzschließen

·      spannungsführende Teile abdecken oder abschranken

Im Zweifelsfall kann elektrische Energie auch immer über den Hauptschalter gesichert werden. Allerdings sind die anderen Energieformen nicht immer ohne Weiteres absperrbar: Gerade die Lageenergie bei Maschinen mit anhebenden Komponenten und vertikalen Bewegungen wird gern stiefmütterlich behandelt; es fehlt dann an Möglichkeiten, die kinetische Energie abzusperren bzw. das Herabfallen von Teilen zu verhindern.

 

Mit LOTO alle Energien sicher abstellen

Was also tun, um Arbeits- und Wartungssicherheit bei Aufgaben außerhalb des Maschinen-Regelbetriebs zu gewährleisten? Die Antwort lautet Lockout Tagout (LOTO). Mit einem LOTO-Verfahren können alle vorhandenen Energien sicher abgestellt und der Erfolg überprüft werden. Das Programm stammt aus den USA und kommt dort bei wiederkehrenden Arbeiten an Maschinen und Anlagen zum Einsatz. Die Occupational Safety and Health Administration (OSHA) regelt die Kriterien und Mindestvoraussetzungen für LOTO mit dem Code of Federal Regulations CFR 1910.147- The control of hazardous energy (lockout/tagout).

Das LOTO-Verfahren umfasst folgende Schritte:

·      Der betroffene Schalter wird umgelegt und die Spannung bzw. Energie damit abgeschaltet.

·      Der Schalter wird mit einem Schloss gesichert, auf einem Etikett stehen Name, Datum und Grund für die Abschaltung.

·      Die Spannungsfreiheit wird mit einem Messgerät geprüft, um sicherzustellen, dass der Schalter nicht kaputt ist. LOTO könnte deswegen um ein zusätzliches TO für "try out", also Überprüfung, ergänzt werden, um im Namen alle drei Schritte abzubilden. Manchmal wird tatsächlich von LOTOTO gesprochen. Ein anderer Name lautet LTV - Lockout, Tagout, Verify.

Mit LOTO wird also zum Beispiel sichergestellt, dass kein Restdruck mehr vorhanden ist, die Hydraulik steht und keine Säuren oder Laugen in den Leitungen zurückgeblieben sind.

 

Lockout Tagout (LOTO) für Europa und Deutschland

In Europa ist das LOTO-Verfahren gesetzlich nicht vorgesehen. Hier wird die Arbeitssicherheit bei Wartungs- oder Reinigungsarbeiten von der europäischen Richtlinie 2009/104/EG über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer bei der Arbeit geregelt: Der Arbeitgeber hat die Verantwortung, seinen Mitarbeitenden nur sichere Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen. Arbeitsmittel umfasst alles, was der Mitarbeitende braucht, um seiner Tätigkeit nachkommen zu können; unter Benutzung versteht die Richtlinie jede Art von Tätigkeit, die mit oder an dem Arbeitsmittel durchgeführt werden muss. Sie deckt also nicht nur den normalen Gebrauch ab, sondern auch Fehlerbehebung, Instandhaltung und Reinigung - eine Maschine muss während aller Tätigkeiten sicher sein.

 

Ein LOTO-Programm erfordert grundlegende Überlegungen

Nun wird LOTO von immer mehr Unternehmen in Deutschland eingeführt – aus unterschiedlichen Gründen. Manche Firmen mit Schwestergesellschaften in den USA übernehmen es wegen des amerikanischen Einflusses, andere verstärken ihren Fokus auf die Sicherheit mit einem LOTO-Verfahren. Denn noch immer passiert ein Großteil der schweren Unfälle im Gewerbe nicht im Normalbetrieb, sondern bei der Wartung, Instandhaltung oder Reinigung, weil noch Restenergien im System sind, die nicht abgeschaltet wurden.

Dabei muss aber klar sein: LOTO beinhaltet mehr als nur ein Schloss auf eine Netztrennvorrichtung zu hängen. In einem Lockout-Tagout-Programm werden Zuständigkeiten und Abläufe festgelegt, Verfahren zur Trennung von Energien beschrieben und sich auf notwendige Hilfsmittel verständigt. So sind alle Beteiligten im Boot.

Dafür werden grundlegende Überlegungen angestellt: Wer ist verantwortlich und schreibt die Prozeduren, sind die nötigen Qualifikationen vorhanden? Sonderabläufe wie schichtübergreifende Instandhaltung müssen berücksichtigt sowie Vorgehensweisen festgelegt werden, wenn zum Beispiel Fremdfirmen involviert sind. Hier greifen zum Beispiel PIS (persönliches Identifikationsschloss) und MIS (Maschinenidenifikationsschloss).

Das LOTO-Programm dokumentiert außerdem, wer wie und wann geschult wird und in welchen Intervallen die LOTO-Prozeduren überprüft werden. Wichtig ist zu wissen, wie diese Prozeduren aufgebaut werden: Sie müssen leicht zu lesen und nicht umständlich sein, gleichzeitig gut zugänglich statt vergraben in einem Regal der Instandhaltung und sie dürfen dem Mitarbeitenden keine Mehrarbeit verursachen.

 

Die Implementierung von Lockout Tagout

Wenn du LOTO in deinem Unternehmen einsetzen willst, ist die erste Frage, die du dir stellen solltest, die LOTO-Fähigkeit der Maschinen und Anlagen. Sind alle Energien trennbar? Werden eventuell andere Maschinen beeinträchtigt, die ebenfalls gesichert werden müssen?

Lockout Tagout ist in sogenannten Prozeduren aufgebaut. In einer solchen werden die Analyse der Energietypen und Sicherheitsbereiche der Anlagen verfasst. Maschinen und Anlagen werden dafür in Bereiche unterteilt, die sinnvollerweise separat absperrbar sein müssten. Danach beginnt man mit einer Risikobeurteilung bezüglich der Energiearten, die im jeweiligen Bereich vorhanden sind. Dann werden die Möglichkeiten zur Abschaltung der Energien und die notwendigen Hilfsmittel definiert.

Eine LOTO-Prozedur beinhaltet eine Checkliste für die Maschinen mit ihren Layouts samt Absperrpunkten, Energiearten und Informationen, wie man abschaltet und wie man überprüft. Die Reihenfolge der Abschaltung und die Schritte zur Wiederinbetriebnahme der Maschine werden bestimmt. Zusätzlich werden Mindestinformationen und weitere Optionen dargelegt: Erlaubnisscheine des Arbeitssicherheitsbeauftragten oder der Hinweis auf Restgefahren und Maßnahmen, um diese zu verringern etwa dem Tragen von Handschuhen. Die Prozeduren werden überprüft und im Anschluss die Mitarbeitenden geschult.

 

Für LOTO muss das Team an Bord sein – das Training der Mitarbeitenden

Diese Unterweisung der Mitarbeitenden ist essenziell – sie müssen zum einen wissen, wo sich die Abschaltpunkte befinden - das können schnell 40 oder mehr sein – und zum anderen wie und mit welchen Hilfsmitteln sie sie bedienen. Denn nicht jeder Schalter hat ein Schloss, Handräder und Kugelhähne werden mit einem anderen Hilfsmittel gesichert. Zudem muss sichergestellt sein, dass die LOTO-Boards mit den Schlössern vollständig sind. Und nicht zuletzt erfordert die Umsetzung von Lockout-Tagout-Übungen: Bei der Anwendung zum Beispiel an Schaltern und Ventilen können Fehler passieren.

Ist das LOTO-Verfahren implementiert, stehen danach Prüfungen an – auch bei Modifikationen. Damit kannst du sicherstellen, dass Darstellung und Ist-Zustand übereinstimmen. Wir von CE-CON sind CLTTE certified LOTO expert und unterstützen dich bei der Implementierung, Auditierung und Prüfung des Lockout-Tagout-Programms. So kannst du sicherstellen, dass es auch wirklich gelebt wird und damit die Arbeitssicherheit erhöhen.

 

Fazit

Mit einem LOTO-Programm lassen sich Restenergien in Maschinen und Anlagen komplett einfangen und abschalten, und damit die Ursache für schwere Arbeitsunfälle beseitigen. Mit Schlössern werden die Abschaltpunkte gesichert und der Erfolg mit Messungen überprüft. Damit Lockout Tagout gelingt, ist ein ganzheitlicher Blick auf die Abläufe, ein sorgfältiger Aufbau der Prozeduren und die Schulung des Teams notwendig. Dann hat das Programm Erfolg und erhöht die Arbeitssicherheit.

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Themen: Arbeitssicherheit, LoTo - Lockout Tagout, Nachhaltigkeit

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